Was ist Keimung?
Stell dir vor du hast ein Tütchen mit Blumen- oder Gemüsesamen, das du im Frühjahr in deinen Garten ausbringst. Die Samen befinden sich, solange sie trocken und licht geschützt gelagert werden, in einem Ruhezustand. Erst bei der Zugabe von Wasser und einer entsprechenden Temperatur (meistens Raumtemperatur) beginnen die Samen zu keimen. Das Leben erwacht buchstäblich. Die in dem Samen enthaltenen Nährstoffe werden jetzt freigesetzt und für das Pflanzenwachstum eingesetzt.
Als der Samen ruhte, waren die Nährstoffe inaktiv, damit sie nicht verloren gehen. Das geschieht durch sogenannte Säurebinder, wie die Phytinsäure. Diese bindet die Nährstoffe zum Beispiel in Samen, in Getreide und in Hülsenfrüchten. Wenn wir nun den nicht gekeimten Samen als Nahrung z. B. in Form von Haferflocken, Brot und Nudeln aufnehmen, können die enthaltenen Mikro- und Makronährstoffe kaum bis gar nicht von unserem Körper aufgeschlossen werden, da entsprechende Prozesse im Samen noch nicht gestartet wurden. Die Phytinsäure sorgt dafür, dass wir Nährstoffe wie Calcium, Magnesium, Eisen usw. nur in geringeren Mengen resorbieren können.
Wird der Samen hingegen zum Wachstum angeregt, werden diese Stoffe durch die Phytinsäure freigegeben. Die Phytinsäure baut sich im Wachstumsprozess des Keimlings größtenteils ab. Die Nährstoffe sind nun in aktiver Form verfügbar. Je länger der Keimling wächst, umso weniger Nährstoffe besitzt er, da ein entsprechender Teil bereits verbraucht ist. Ich verzehre daher die Keimlinge, wenn sie 2-3 Tage alt sind. Es gibt einige wenige Sprossenarten, die etwas länger zum Keimen benötigen. Das Verhalten gilt für alle Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen, Bohnen, Getreide wie Hafer, Weizen, Roggen, Dinkel und für alle Nüsse. In allen liegen die Nährstoffe in nicht aktiver Form vor und werden erst durch die Keimung freigesetzt. Nur unbehandelte Samen können gekeimt werden. Bereits zu Haferflocken verarbeitet ist Hafer nicht mehr keimfähig, da der Keimling zerstört wurde. Ebenfalls sind blanchierte oder gebrochene Nüsse nicht keimfähig.
Vorteile gekeimter Nahrung
Der Vorteil von gekeimten Samen, Nüssen, Getreide und Hülsenfrüchten liegt in der leichten Verdaulichkeit durch die aufgeschlossenen und aktivierten Inhaltsstoffe. Der Körper benötigt weniger Energie für die Verdauung, du hast ein angenehmeres Völlegefühl, mehr Energie und ein sehr gutes Nährstoffprofil. Abhängig von der Samensorte, potenzieren sich durch die Keimung die enthaltenen Nährstoffe (Proteine, Vitamin B, Vitamin K, Omega-3-Fettsäuren, usw.) um ein Vielfaches. Durch die Verwendung von Sprossen und gekeimten Samen kann einem Nährstoffmangel effektiv entgegengewirkt werden.
Sprossen selbst ziehen
Sprossensorte auswählen
Du hast die Qual der Wahl, welche Samen du keimen lässt. Jede Sorte ist reich an Nährstoffen. Einige Sprossen schmecken schärfer, andere milder. Ich verwende gerne Brokkoli- und Mungbohnensprossen. Die Samen kannst du zum Beispiel im Biomarkt kaufen. Online bestelle ich sie bei Dehner (versandkostenfrei). Für mich haben sie das beste Preis-Leistungs-Verhältnis.
Das richtige Equipment
Es gibt mehrere Möglichkeiten Sprossen keimen zu lassen. Ich verwende drei plastikfreie Keimgläser von Eschenfelder, um mir meinen täglichen Bedarf an frischen Sprossen zu ziehen. Der Vorteil bei den Gläsern ist die Auffangschale für das Tropfwasser. Du kannst jedoch auch beliebig andere Keimgläser verwenden.
Anleitung
- Die gewünschte Menge Samen über Nacht in Wasser einweichen. AUFGEPASST! Weniger ist manchmal mehr. 2-4 EL pro Keimglas sind in der Regel ausreichend.
- Am nächsten Morgen wird das Wasser abgeschüttet. Die Samen werden in ein feines Sieb oder in ein Keimglas gegeben.
- Die Sprossen müssen 2 bis 3 mal pro Tag mit klaren Wasser gespült (früh, mittags, abends) werden. Achte darauf, dass die Samen gut verteilt im Glas liegen, damit genügend Luft zirkulieren kann.
- Der Standort sollte nicht zu sonnig und warm sein, da der Keimling sonst schnell schimmelt. Um die 20 °C an einem schattigen Platz sind optimal.
- In der Regel kannst du die Sprossen nach 2 bis 3 Tagen ernten. Hülsenfrüchte benötigen bis zu einer Woche. Die Angabe über die Keimdauer steht in den meisten Fällen auf der Verpackung.
Alternativ kannst du, wenn du Nüsse benötigst, diese für zwei bis drei Nächte einweichen und dann weiterverwenden. Spüle sie auch 2 bis 3 mal pro Tage. Der Prozess der Aktivierung ist gestartet und die Phytinsäure zum Teil abgebaut.
Lagerung
Die Sprossen sollten möglichst frisch verzehrt werden. Notfalls lassen Sie sich in einem feuchten Küchentuch eingewickelt im Kühlschrank 2 bis 3 Tage lagern.